In früheren Studien zeigte die PRP-Therapie im Vergleich zu anderen Therapien deutlich bessere Ergebnisse bei Knorpelschäden, insbesondere gegenüber der Hyaluronsäurebehandlung. Additiv zu
operativen Therapieformen, wie z.B. der Mikrofrakturierung, zeigen sich synergistische Effekte. Insbesondere Patienten bis zum 50. Lebensjahr mit gering ausgeprägten Defekten profitieren stark
von
dieser Methode. Die aus diesen Arbeiten gewonnenen, sehr positiven Ergebnisse weisen darauf hin, dass PRP eine gute nicht invasive Behandlungsmethode
ohne wesentliche Nebenwirkungen darstellt.
In diesem Artikel sollen die in den verschiedenen Studien gewonnenen Ergebnisse zusammengefasst und ein Überblick über die Erfahrungen der letzten Jahre, die Entwicklung der Anwendungsgebiete sowie eine Aussicht auf künftige Möglichkeiten gegeben werden. Wir betrachten gezielt die Anwendungsmöglichkeiten von PRP bei Knorpelschäden und stellen eine Standortbestimmung dar.
Plättchenreiches Plasma (PRP) ist ein autologes Blutprodukt, das durch Zentrifugation aus Vollblut gewonnen wird. Bei der Zentrifugation setzt sich der erythrozytenreiche Blutkuchen am Boden ab und wird durch einen Buffy-Coat vom darüberliegenden plättchenreichen Plasma getrennt. Dieses Plasma enthält, abhängig davon, ob ein oder zweimal zentrifugiert wurde, eine mehrfach erhöhte Konzentration an Thrombozyten.
Thrombozyten sind massgeblich an der Gewebereparatur beteiligt. Sie beinhalten mehr als 1000 Wachstumsfaktoren in inaktiver Form. Es wird angenommen, dass einige dieser Wachstumsfaktoren an
der
Differenzierung von Stammzellen zu Chondrozyten beteiligt sind. Zusätzlich wurden in den Thrombozyten antiinflammatorische Eigenschaften nachgewiesen, sodass die Gewebeheilung positiv
beeinflusst wird. (1)
Ein weiterer Aspekt von Studien ist die Herstellung von PRP in leukozytenreicher oder leukozytenarmer Form. Das leukozytenarme PRP kann in flüssiger Form, z.B. intraartikulär, appliziert werden,
während das leukozytenreiche PRP intraoperativ eher als Gel, ggf. auf einer Matrix, aber auch flüssig verabreicht werden kann. (1)
Für den Einsatz von leukozytenreichem Plasma spricht eine nachgewiesene antibakterielle Wirkung. Jedoch ist bei der intraartikulären Verabreichung im Rahmen der Behandlung einer Osteoarthritis ein solcher Entzündungsprozess nicht immer gewünscht.
Die Gebiete der Anwendung von PRP sind heute mannigfaltig. Neben der sportmedizinischen Behandlung im Leistungssport, insbesondere bei muskulären Verletzungen, sind auch die Anwendungen im
klinischen bzw. im Praxisalltag mittlerweile etabliert. Insbesondere im Rahmen der nicht operativen Behandlung der Osteoarthrose
des Kniegelenkes, aber auch in der Behandlung der chronischen Tendinitiden, wie z.B. bei der Achillodynie oder
der Epikondylitis, findet diese Behandlungsmethode Anwendung.
Die Osteoarthrose des Kniegelenkes zählt sicherlich zu den am häufigsten vorkommenden orthopädischen Diagnosen und Anwendungsbereichen der PRP-Therapie. Für diesen Artikel wurden insgesamt 10
vergleichende Studien zum Thema PRP bei Osteoarthrose des Kniegelenkes ausgewertet und verglichen. Diese Studien wurden im Zeitraum 2011 bis 2014 veröffentlicht. Verglichen wurden hier Verfahren
zur Behandlung von Knorpelschäden, operativ vs. konservativ, die Applikation von PRP vs. Hyaluronsäure, (2) PRP vs. Placeb, (3) eine perioperativ begleitende PRP-Therapie (4) sowie die möglichen
Unterschiede in der Anzahl der Applikationen und Menge
von PRP. (5, 6)
Weiters wurden zu diesem Thema Follow-ups unterschiedlicher Studien miteinbezogen, welche die postinterventionellen Verläufe in einem Zeitraum von 3 Monaten bis zu 5 Jahren beobachteten
(7–10). In den aufgelisteten Studien war die Herstellung des PRP – von der Blutentnahme über die Zentrifugation bis zur
intraartikulären Injektion – ähnlich. Die Entnahme von ca. 15–20ml Vollblut beim Patienten erfolgt aus der peripheren Vene. Anschliessend wird dieses Blut in einer Zentrifuge für ca. 5 Minuten
und mit durchschnittlich 1500U/min zentrifugiert. Eine zweite Zentrifugation ist möglich, erhöht den Anteil der PRP-Konzentration, aber auch den Leukozytenanteil. Anschliessend wird der
PRP-reiche Überstand, ggf. mit Buffy-Coat, abgezogen und in das Gelenk injiziert.
Eine Studie verglich die Anwendung von Lokalanästhetika vor der Injektion mit dem Outcome ohne Lokalanästhesie und kam zu dem Schluss, dass die Gabe von Lokalanästhetika die Wirkung des PRP deutlich verringerte. Am ehesten wurde hier die Nichtaktivierung der Wachstumsfaktoren durch das veränderte pH-Milieu verantwortlich gemacht.(11) Insgesamt kamen alle ausgewerteten Studien aber zu dem sicheren Schluss, dass die Verwendung der PRP-Behandlung das beste Outcome erzielt bei jüngeren Patienten <50 Jahren sowie bei geringer ausgeprägten Knorpelschäden (nach Kellgren Grad 2). Auch wurde die Häufigkeit der Injektionen verglichen und es gab einen Vergleich mit der Gabe von Placebo. (3) Hier kam man zu dem Ergebnis, dass die mehrfache PRP-Gabe keinen signifikanten Unterschied ergab, wohl aber wurde die Verbesserung aller verwendeten Bewertungsscores zugunsten der PRP-Gruppe gezeigt.
Beim Vergleich mit Hyaluronsäureanwendungen zeigte sich ebenfalls eine signifikante klinische Verbesserung der Beschwerden. (2) Die Studie verglich die Applikation von sogenannter «High molecular
weight»-Hyaluronsäure (HW-HA), «Low molecular weight»-Hyaluronsäure (LWHA) und PRP. Die Unterschiede in den verwendeten Hyaluronsäuren zeigten eine Verbesserung bei einer höhergradigen Schädigung
durch die HW-HA, allerdings
blieben die positiven Ergebnisse gegenüber der PRP-Therapie nach einem Followup nach 6 Monaten deutlich zurück.
Eine weitere Studie verglich die perioperativ begleitende Behandlung nach operativer (arthroskopischer) Anfrischung bzw. Anbohrung (nach Pridie) eines degenerativen oder traumatischen
Knorpeldefektes und Auflage eines Polyglykansäure-Hyaluron-Gerüstes, beimpft mit PRP. Auch hier zeigten sich signifikante Verbesserungen
in allen Scores zur Festlegung der Einschränkungen des Patienten. Das Follow-up dieser Studie lief 24 Monate. Auch wurden hier bei 4 Patienten postinterventionell via ASK histologische Proben aus
den Defektstellen entnommen. Hier zeigte sich die Bildung eines hyalinen Knorpels bzw. eines knorpelähnlichen Gewebes. (4)
Neben der Behandlung von Osteoarthrose zeigt die PRP-Therapie positive Ergebnisse bei der Behandlung von Tendopathien. Fitzpatrick et al. erstellten 2016 eine Metaanalyse und verglichen insgesamt
18 Studien mit 1066 Patienten bzw. Sehnen (Achillodynie, Epikondylitis, Tendinitis der Patellasehne und Rotatorenmanschetten).
Verglichen wurden hier die Applikationsarten von autologen Vollblutinjektionen und leukozytenreichem vs. leukozytenarmem PRP. Insgesamt konnte sich hier eine alleinige Behandlung mit einem
leukozytenarmen Plasma (LP-PRP) nicht durchsetzen, wohl aber eine Behandlung mit einem leukozytenreichen Präparat (LR-PRP) oder eine Kombination aus beiden PRP-Applikationsarten. (11)
Die Behandlung der Osteoarthrose am Kniegelenk zeigt viele positive Ergebnisse. Doch Detailfragen in der Herstellung in Bezug auf die Standardisierung sind noch offen. In der Studie von Patel et
al. wurde ein Placeboversuch versus die PRP-Behandlung durchgeführt, so konnte ein positiver Behandlungserfolg aufgezeigt werden, welcher sich in einem Zeitraum von 6 Wochen bis zu 6 Monaten
belegen liess (Level-I-Studie). (3) In einem doppelblinden Studienaufbau verglichen Kon et al. PRP vs. Hyaluronsäureapplikation. (2) Mit diesen
Studien konnte aufgezeigt werden, dass gegenüber Placebo bzw. einer Kontrollgruppe signifikante Ergebnisse erzielt werden können. Hinsichtlich der Rolle der Leukozyten sind die Ergebnisse in den
bisherigen Studien uneinheitlich. Insbesondere in der Therapie von Osteoarthrose werden von vielen Autoren leukozytenarme PRP-Derivate bevorzugt.
In den bislang durchgeführten Untersuchungen wurden immer wieder Argumente für und gegen die leukozytenreichen Präparate gefunden. Einerseits sorgen sie durch die Freisetzung proinflammatorischer Zytokine für unerwünschte Nebenwirkungen und führten bei der intraartikulären Injektion immer wieder zu einem vermehrten Auftreten von Schmerzen und Bewegungseinschränkungen. Andererseits wirken sie aber auch antiinflammatorisch durch Freisetzung anaboler Zytokine, wie z.B. IL-6.1 Von industriell hergestellten Kits ist zum jetzigen Zeitpunkt zu fordern, dass diese alle möglichen PRP-Herstellungsarten abbilden können (plättchenarm vs. plättchenreich und leukozytenarm vs. leukozytenreich), um eine höchstmögliche Anwenderfreundlichkeit zu garantieren. Derzeit erfüllen aber nur wenige Kits diese Anforderung.
In Addition zu operativen Eingriffen (z.B. bei der VKB-Augmentation oder bei Knorpeleingriffen) zeigen sich vielversprechende Möglichkeiten. Insgesamt stellt PRP eine gute Therapieoption bei
Erkrankungen des Bewegungsapparates dar, bei bislang aber noch unbekannten Nebenwirkungen. Aufgrund des Anteils an Wachstumsfaktoren können die Einsatzmöglichkeiten der PRP-Therapie in den
nächsten Jahren sicher noch erweitert werden.
Dr. med. Jens Herresthal
Orthopädische Gemeinschaftspraxis, Frankfurt/Main
Dr. med. Bianca Roskam
Hospital zum Heiligen Geist, akademisches Lehrkrankenhaus der Goethe-Universität, Frankfurt/Main
Erschienen in "Leading Opinions", Orthopädie & Rheumatologie 4/2017
Literatur: